Rückblick auf die Weltreiterspiele in Caen

Im Sport werden Träume als Ziele definiert. Ich setzte mir vor vier Jahren das Ziel am WEG 2014 teil zu nehmen.

Foto 1Nach einer langen und strapazierenden Reise quer durch Frankreich sind wir in Caen angekommen. Völlig übermüdet richten wir unser Lager ein. Chex bekommt frisches Wasser, viel Heu und sein Kraftfutter. Danach schlafen wir alle ein paar Stunden. Das erste Mal in der Arena in Caen geht mir immer wieder der Gedanke durch den Kopf: So ist es wenn man an den WEG abreitet. Eigentlich nicht viel anders wie sonst, nur dass ein paar „Million Dollar Rider“ mehr einem um die Ohren flitzen. Die allgemeine Organisation – aus Sicht als Teilnehmer – finde ich sehr gut. Alles verläuft sehr strukturiert und planmässig. Man hat genügend Zeit um sein Pferd zu reiten, hat grosse Sandflächen um die Pferde spazieren zu führen, geniale gedeckte Waschplätze und von 23.00 – 07.00 Uhr ist das Licht im Stall aus, damit die Pferde sich richtig erholen können. Was wir jedoch von vielen Besuchern hörten ist, dass es teils sehr mühsam war in ein Stadion zu gelangen, geschweige den einen Parkplatz fürs Auto zu finden. Die Stimmung am WEG in der Reining Zone ist gelassen und fröhlich. Jeder ist glücklich Teil dieses Geschehens zu sein.

Für mich ist es sehr eindrücklich, mit dem Swiss Team an der Eröffnungszeremonie ins knall volle Stadion einzumarschieren. Alle jubeln einem zu. Diesmal kann man sich die Leute anschauen und ihnen zurück winken. Anders als in einer Prüfung. Da ist man ganz auf sich und sein Pferd konzentriert.

Adrienen_CrewDer Vet Check macht mich nervös. Nicht weil Chex lahm sein könnte, sondern weil er sehr frech drauf ist und nur Blödsinn im Kopf hat. Ihm wird immer mehr bewusst, dass ich ihn hier nicht einteilen kann. Zwei Tage vor meinem Start steigt die Anspannung ins Unerträgliche. Zum Glück habe ich Draw 48 gezogen. So kann ich mir ein paar Ritte am Tag davor anschauen. Die Musik ist unheimlich laut. Über X hängen drei überdimensionale LED Bildschirme und das Publikum ist in voller Fahrt. Es braucht ein sehr nervenstarkes Pferd, um dort locker sein Pattern reiten zu können. Viele Profis haben ebenfalls ihre Schwierigkeiten.

Chex fühlt sich beim Abreiten sehr gut an. Er ist gelassen, hört zu und gibt sich Mühe. Ich bin locker drauf und freue mich auf meinen Start. Vom ruhigen Abreitplatz geht es rüber zur lauten und hellen Showarena. Chex macht zu als ich einreiten will. Er sieht rot und hat „nein“ im Kopf. Ich sage: „Und du gehst da jetzt rein!“ schon traben wir auf X zu. Ich spüre, wie mein Pferd seinen Rücken unter mir weg drückt. Erster Spin geht gut. Beim zweiten bin ich wohl etwas zu schnell mit der Hand und er überreagiert. Einmal angaloppiert ist er kaum mehr zu bremsen, geschweige denn zu verlangsamen. Er wechselt mir auf dem linken kleinen Zirkel raus. Okay jetzt einfach nur noch showen und weiter reiten. Da wo er wechseln sollte, wechselt er nicht. Ich versuche noch das Beste raus zu reiten und mir gelingen ein paar sehr gute Stopps. Foto 1[2]Leider hat sich Chex von der ganzen Umgebung völlig ablenken lassen und fühlte sich nicht mehr wohl. Naja, Schwamm drüber. Weiter geht’s! Ich denke, dies kann jedem passieren und ist bestimmt auch schon einem passiert, der Weltmeister wird. Enttäuscht oder verärgert bin ich nicht wirklich. Für mich ist der Traum wahr geworden, hier teil zu nehmen. Ich war schon viel deprimierter nach Ritten, bei denen ich nicht aktiv war. Hier hat das Pferd keinen wirklichen Fehler gemacht, ist halt ein Fluchttier. Und ich bin geritten, trotz allem. Sicherlich wäre es toll gewesen, mit einem Team in die Normandie zu fahren. Im Team gibt es immer noch einen anderen Ansporn. Man leidet und freut sich zusammen. Als Einzelreiterin fühlte ich mich nicht als was Besseres meinen Kaderkollegen gegenüber. Ich machte einfach meinen Job und genoss die einzigartige Zeit.

Tags darauf schauen wir uns den Strand von Omaha an. Die Leute in Caen und Umgebung sind sehr nett. Ich kann mir vorstellen, dass hier sonst nicht all zu viele Touristen herkommen. Caroline Häcki feuern wir bei ihrem Dressur Lauf an. Ansonsten sehen wir keine andere Disziplin, weil vieles Kilometer weit weg ist.

Adrienne_Lauf-StoppIn der Normandie kümmerte sich ein tolles Team um Chex und mich. Ohne die Unterstützung von anderen könnte man sich gar nicht stressfrei aufs Reiten konzentrieren. Ganz klar sind die Weltreiterspiele 2018 in Kanada ein Fernziel von mir. Die Erfahrung, welche ich in Caen gemacht habe ist gross und ich bin daran gewachsen. Man fällt immer wieder mal auf die Schnauze, die Frage ist nur, was man danach tut?!

Bericht: Adrienne Speidel
Fotos: Speidel und Andrea Bonaga

SWH. Ganz herzlichen Dank Adrienne für den schönen «Backstage»-Bericht!

 

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