Wer es nicht weiss, der würde niemals ahnen, was hinter den dicken Mauern in einem Eckhaus in der Altstadt von Bremgarten steckt. Schreitet man durch die alte Holztür mit auffällig antikem Türgriff, dem klappt nicht nur der Kiefer auf, sondern der beginnt zu begreifen, was für Schätze in diesen Räumen nur darauf warten, entdeckt zu werden.
Kurt Meyer war leidenschaftlicher Sammler und Händler. Eigene Pferde besass er zwar nie, aber Kutschen und diese wurden in einer Wagenremise in der Altstadt von Bremgarten aufbewahrt. Mittels eines ausgeklügelten Systems konnten die kostbaren Stücke in den ersten Stock gehoben werden. Mit der Zeit machten die Kutschen immer mehr einer weiteren Leidenschaft des Aargauers Platz, einer Sammlung aus Western Sätteln und anderen traditionellen und authentischen Cowboy- und Ranch Equipments, dazu Stücke aus der indianischen Kultur. Hinzu kamen ausgestopfte Büffel und Büffelköpfe oder kunstvoll verzierte Hörner von riesigen Longhorn-Rindern. Meyer wurde zum Spezialisten für Westernsättel und vor nicht allzu langer Zeit klapperten noch Hufe über das Kopfsteinpflaster der Altstadt. Die Kunden fuhren mit ihren Pferden zur Sattelanprobe nach Bremgarten. Für viele Western-Fans war er die Anlaufstelle für den Traumsattel.
Gebrauchssättel, wie ihn nordamerikanische Cowboys noch heute für die tägliche Arbeit auf den Rücken ihrer Pferde schwingen, aber auch modernere Varianten für Sport und Freizeit, bis zu aufwendig punzierten und mit Silber beschlagene Showsättel der besten Saddleries: Colorado Denver, Cyrcle Y, Hombre, Silver Royal, Big Horn, der Schweizer Hess Sellerie, Pablo Ulli und Vintage Saddles von Fred Mueller, Heiser, Frasier, N. Porter, Bona Allen, Keystone Bros, Bohlin, Visalia und Holtz. Hinzu kamen Bridles, Bits und Stirups, Sattelgurten, Sporen, Sporenriemchen, Chaps und Chincs, Navajodecken, aber auch Dekoartikel wie Schilder und alte Kleider. Nicht alle Objekte standen zum Verkauf und einige wurden leihweise zu Dekorationszwecken vergeben, andere zieren noch heute Wände wie die im Restaurant Stars and Stripes in Mutschellen. So entstand mit der Zeit hinter diesen alten, unscheinbaren Mauern das Western Museum Bremgarten.
Ein schönes, aber kein unkompliziertes Erbstück
Am ersten Januar 2020 verstarb Kurt Meyer und hinterliess bei seinen Töchtern eine grosse Lücke und als Erbe sein Lebenswerk – das Western Museum Bremgarten. «Mein Vater arbeitete fast Tag und Nacht und nahm sich trotzdem immer Zeit für uns zwei Kinder. Er war immer entweder in einem seiner Lager, die gelegentlich in der Stadt verteilt waren, oder dann im Keller seines Wohnhauses, wo auch ein grosser Teil seines Geschäfts gelagert war, anzutreffen. Er nahm uns einfach immer mit und so wuchsen wir gewissermassen im Museum auf», erzählt seine Tochter Jaqueline Goldson. «Ich vermisse meinen Vater sehr und bin stolz auf ihn und auf alles, was er erschaffen hat. Er war der beste Vater, den ich mir wünschen konnte.» Kurt Meyer war ein Vollblut-Händler. Zeitweise handelte er beispielsweise auch mit alten Grammofonen, dabei zeigt Jaqueline auf ein wunderschönes, noch übrig gebliebenes Exemplar aus dieser Zeit. Die Räume des Museums sind riesig, hauptsächlich mit Sätteln aller Marken voll gestellt. Wohin das Auge gleitet, entdeckt es neue Schätze und interessante Details. Auf zwei Etagen verteilt befinden sich schätzungsweise über 200 Sättel.
Seit dem Tod ihres Vaters ist Jacqueline Goldson dabei, zu ordnen und sich eine Übersicht zu schaffen. Sie verbringt Stunden im Museum und geniesst diese Arbeit. «Ich fühle mich in diesen Momenten meinem Vater sehr nahe.» Sie macht Inventur, katalogisiert und recherchiert, bis sie den Wert jedes einzelnen Objekts ermittelt hat. «Es gibt Dinge, deren Verwendungszweck ich nicht im Traum erahnen konnte. Oder Sättel, deren Marke und Herkunft schwierig zu ermitteln sind.» Dank der Rückwärtssuche von Google konnte ich sehr vieles klären. Gerade die alten Showsättel sind gefragte Sammlerstücke und erzielen gute Preise an Auktionen in den USA. Ich dachte sogar daran, die gesamte Sammlung an eine US-Auktion zu geben. Doch der Aufwand und der Transport über den Teich ist zu aufwendig,» erklärt sie. Sämtliche gebrauchten Sättel sind in sehr gutem Zustand und sofort einsetzbar. Ein Teil ist auch neuwertig, und dann gibt es auch solche, die nur noch zu Dekozwecken verwendet werden können. Die Western-Schätze sind zwar gut aufgehoben in den Räumlichkeiten. Offenbar scheinen die klimatischen Bedingungen im Museum ideal zu sein, damit weder Leder noch Holz Schaden nehmen. Trotzdem haben sich die beiden Schwestern entschieden, das Western Museum aufzuheben. «Es steckt riesig viel Arbeit dahinter und wir haben beide Familien und Jobs. Darum entschieden wir uns schweren Herzens zu diesem Schritt.»
Steht man inmitten dieser riesigen Ausstellung und dreht sich einmal um die eigene Achse, wird schlagartig bewusst, dass eine Mammutaufgabe auf Jacqueline Goldson zukommen wird. «Es muss ja nicht alles auf einmal verkauft werden. Wir haben Zeit,» erklärt sie. Aller Ende ist der Anfang. «Schlussendlich hilft es auch, den schmerzhaften Verlust meines Vaters zu verarbeiten. Wenn ich im Museum bin, fühle ich mich ganz nah bei ihm. Ich bin meinem Vater unglaublich dankbar für alles, was er mir beigebracht hat. Schon als kleines Kind sass ich neben ihm, als er wieder mit Amerika telefoniert und die nächste Sattelbestellung aufgegeben hat, Kunden telefonisch beraten und Verkaufsgespräche führte. Nun versuche ich seine Arbeit so gut es geht zu übernehmen.»
Western Museum Bremgarten
Jacqueline Goldson
Metzgergasse 17
5620 Bremgarten
076 585 69 39
goldson_jacqueline@hotmail.com