Wie wichtig ist Hygiene im Stall

In Sachen Hygiene sind wir in den letzten Monaten zu Spezialisten geworden. Regelmässiges Händewaschen, Desinfizieren und Putzen von Händen und glatten Oberflächen gehört, nebst dem Abstandhalten, unterdessen zur Tagesordnung. Wie sieht es eigentlich im Stall bei unseren Pferden aus? Wie wichtig sollte man hier Sauberkeit und Hygiene nehmen?

Für uns Pferdebesitzer ist der Einzug in einen neu gebauten Stall eines der Highlights. Alles ist frisch, ungebraucht und sauber. Wer das schon einmal erleben durfte, kennt dieses Gefühl, das man durchaus mit Zufriedenheit uns Glück umschreiben kann. Doch die meisten Pensionsställe sind nicht neu. Was einmal neu war, kann schon nach kurzer Zeit schmuddelig und unhygienisch sein, wenn die Betreiber nicht konsequent auf Sauberkeit und Hygiene achten. Bakterien, Viren, Keime und Pilze mögen das feuchtwarme Klima in unseren Ställen und können zum Problem werden. Um das Risiko von Krankheiten und gar meldepflichtigen Seuchen zu minimieren, ist Stallhygiene wichtig.

Futter trocken lagern

Ob Rauh- oder Kraftfutter, eine trockene Lagerung ist wichtig. Heu und Stroh sollte von der Witterung geschützt auf einem trockenen Untergrund gelagert werden. Wenn von unten Feuchtigkeit durchzudrücken droht, kann man die Ballen auch auf Holzpaletten packen. Rauhfutter, was dunkle Stellen aufweist oder extrem staubt, ist oder war schimmlig. Dieses ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Pilzsporen kontaminiert und schädlich für die Lungen und die Verdauung unserer Pferde und darf nicht verfüttert werden.
Die Fütterung von Heulage ist zwar beliebt und eignet sich für Allergiker, doch nicht allen Pferden bekommt sie. Einige reagieren mit Kotwasser und man wirkt zwar dem einen Problem entgegen, handelt aber ein neues ein. Eine Alternative ist das Wässern oder Bedampfen von Heu. Aber auch hier können sich ganz schnell Schimmelpilze bilden, die bzw. durch Neues ersetzen. Bei der Heulage gut darauf achten, dass die in Folie der eingepackten Ballen nicht beschädigt ist. Einmal beschädigte Ballen müssen sofort verbraucht, oder entsorgt werden. Bei Heulage sollte man besonders auf schimmelige Stellen schauen. Hat es einen Ballen erwischt, ziehen sich die Pilzsporen durch die ganze Ware. Je nachdem wie gross die Stelle ist, entweder grosszügig aussortieren oder sicherheitshalber den ganzen Ballen entsorgen. Beim Pressen und Einpacken eingeschlossene Kadaver von Kleintieren bergen die Gefahr von Botulismus. Das Botulismus-Toxin ist hochgiftig und bereits kleinste Mengen im Futter können schwere, gesundheitliche Folgen haben – bis hin zum Tod.
Kraftfutter und Futterzusätze sollte trockenen, kühl und sicher vor Nagern und anderen Schädlingen aufbewahrt werden. Mäuse übertragen Keime und schädliche Bakterien wie beispielsweise Salmonellen. Durch Mäusekot und -urin verunreinigtes Futter führt ebenfalls zu Schimmelpilzen und kann Koliken, Durchfall oder Nieren- und Leberschäden verursachen, im schlimmsten Fall zu einer Salmonella-Infektion – gemäss Tierseuchenverordnung Artikel 4, Artikel 222-227 und Artikel 255-261 – einer meldepflichtigen Krankheit.

In der Regel können wir uns auf unsere Sinne verlassen. Darum Augen offen halten und immer mal wieder am Rauh- oder Kraftfutter zu schnüffeln. Was gammlig riecht, wird entsorgt! 

Futtertröge und Tränken regelmässig prüfen und reinigen

Es gibt sie, die Künstler unter unseren Pferden, die ab und zu oder auch regelmässig in ihren Futtertrog oder in die Tränke «bollen» – was immer sie uns damit mitteilen wollen, für den Stallbetreiber lohnt es sich beim «Abmisten» einen Kontrollblick in die Tränke und vor dem  Füttern in die Futterkrippe zu werfen.

Vom Mai bis September sind Schwalben gerngesehene Gäste im Stall. Sie nisten in den kühlen Pferdeboxen und ziehen in der Regel zweimal ihre Jungen auf. Ist ihr Nest etwas nahe bei beim Futtertrog oder der Tränke, fällt ihr Kot hinein. Dies kann man steuern, indem man an diesen Stellen das Nisten verunmöglicht. Passiert es trotzdem, hilft die Montage eines Bretts unterhalb des Nestes.

Generell ist es wichtig Futtertröge und Tränken immer mal wieder zu Reinigen. In der Tränke bilden sich gerne Ablagerungen und manche Futtertröge sind wahre Schimmelpilz- und Keimschleudern. Besonders solche, welche einen Rand nach innen haben, empfiehlt es sich regelmässig zu «checken». Mit dem Kraftfutter vermischt sich der Speichel und feuchte Futterreste schieben sich beim Fressen unter den Rand, wo sie dann unbemerkt vor sich hin gammeln können.

Luftqualität im Stall

Obschon sich die Haltungsbedingungen unserer behuften Freunde in den letzten dreissig Jahren sehr verbessert hat, gibt es immer mehr Allergiker. Atemwegserkrankungen sind ein grosses Thema und das, obschon Offenstallhaltung oder Auslaufboxen mit viel frischer Luft heute zum Standard gehören. Umwelteinflüsse, Futterunverträglichkeiten, Pollenbelastung, Ammoniak und die Staubbelastung in den Ställen machen immer mehr Pferden zu schaffen. Dicke Staubablagerungen Sammeln sich in Spinnweben, auf Gitterstäben, Fensterbänken, in Nischen und sollten regelmässig entfernt werden – am besten, wenn die Pferde auf der Weide sind. Vor dem Fegen der Stallgasse empfiehlt es sich, den Boden mit ein paar Spritzer aus der Giesskanne anzufeuchten. Das bindet den Staub und vermindert die Belastung in der Luft. Je weniger Staub wir aufwirbeln, umso besser für die Pferdelungen.

Frischenzellenkur für den Stall

Mal richtig saubermachen, das lohnt sich auch im Pferdestall. Am besten geht es im Sommer, wenn man die Pferde über Nacht auf der Weide lassen kann. Vorher die Boxen komplett ausmisten und mit dem Hochdruckreiniger mal jede Ritze auspusten. Dabei den angesammelten Staub, Spinnweben, Fliegendeck, Kot- und Urinrückstände entfernen und anschliessend gut trockenen lassen. Der Hygieneleitfaden der deutschen reiterlichen Vereinigung empfiehlt nach der gründlichen Reinigung eine Desinfektion. Wo es geht, kann man die Wände frisch kalken. Ein Kalkanstrich wirkt desinfizierend, verbessert das Stallklima und lässt alles in einem wunderbar neuen und sauberen Glanz erscheinen.

Mist- und Parasitenmanagement

Ausmisten und die ordnungsmässige Lagerung und Entsorgung des Mists gehört ebenso zum Mist- und Parasitenmanagment, wie das «Abbollen» der Weiden und das Entwurmen der Pferde. Während man früher die Bestände strategisch entwurmte, das heisst bis zu dreimal pro Jahr jedes Pferd im Stall einer Wurmkur unterzog, wird heute wegen der bestehenden Resistenzen die selektive Entwurmung empfohlen. Dabei werden die Pferdeäpfel drei bis viermal jährlich auf Parasiteneier untersucht und nur die Pferde behandelt, die es nötig haben. Jedoch mindestens einmal pro Jahr sollte jedem Pferd eine Wurmkur verabreicht werden. 

Jedem Pferd sein Putz- und Sattelzeug

Bürsten, Kardätschen, Striegel und Schwämme aber auch Gamaschen und Schabracken/Sattelpads sollten immer nur für ein und dasselbe Pferd verwendet werden. Trensen und Bits die für mehrere Pferde in Gebrauch sind, nach jeder Verwendung kurz waschen. Schabracken/Pads und Sattelgurten regelmässig von eingetrocknetem Schweiss und Haaren reinigen und besonders darauf achten, dass beim Sattelpad keine harten Stellen entstehen. Das Putzzeug regelmässig mit Seife und heissem Wasser zu reinigen bringt auch den Vorteil, dass sie danach wie neu gekauft funktionieren.

Risiko von Krankheiten und Seuchen minimieren

Pferde sind genauso wie wir Menschen für ansteckende Krankheiten empfänglich. Besonders bei jüngeren oder alten Pferden kann das Immunsystem nicht so stabil sein und Erreger wie Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten eine Chance geben Unheil zu stiften. Hier spielt die Stallhygiene eine entscheidende Rolle. Je weniger die Tiere mit den Erregern in Kontakt kommen, umso geringer das Risiko einer Erkrankung. Turniere, Kurse, Patrouillenritte, externe Trainings – viele lieben es mit ihren Pferden etwas zu unternehmen. Die Wahrscheinlichkeit eine Krankheit mit in den heimischen Stall zu schleppen, ist nicht unerheblich. Auch hier können wir anwenden, was wir in den letzten Monaten seit Ausbruch der Corona-Pandemie gelernt haben: Abstand halten, keine direkten Kontakte zu fremden Pferden und kein Füttern und Tränken aus fremden Krippen und Eimern (ausser man reinigt sie vorher gründlich). Ebenso sollte man es unterlassen erst fremde Pferde zu berühren und anschliessend sein eigenes Pferd. Doch wir Rösseler sind einfach nicht so! Wir lieben Tiere und brauchen den Kontakt zu ihnen wie die Luft zum Atmen. Kaum jemand desinfiziert sich gleich nachdem er ein fremdes Pferd gestreichelt hat die Hände. Meisst geschieht eine Berührung unbewusst. Vielleicht sollten wir uns angewöhnen die Hände gründlich mit Seife zu waschen, bevor wir unser Pferd aus der Box nehmen.

Ein weiteres Risiko für Infektionen gehen von mobilen Boxenzelten aus. Diese Touren in der Regel durch halb Europa. Ein Pferd in eine solche Box zu stellen, ist ähnlich, wie wenn wir in einem ungereinigten Hotelzimmer übernachten, bei dem lediglich die Bettwäsche gewechselt wurde. Vielleicht überlegt sich unterdessen die eine oder der andere, Desinfektionsmittel und Putzlappen auf die Turniercheckliste zu packen.

 

Titelfoto: Adobe Stock

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